Die Struktur der Notizentechnik üben – Welche Medien sich eignen

Damit ihr euch als DolmetscherInnen auch in besonders schwierigen Situationen auf eure Notizentechnik verlassen könnt, ist vor allem eines wichtig: eine gleichbleibende Struktur. Nicht alle Medien eignen sich, um diese Struktur zu üben. Damit das Üben effektiv ist, solltet ihr gezielt Quellen aussuchen, die eurem Kenntnisstand entsprechen. Es macht einen Unterschied, ob ihr noch gar keine Struktur umsetzt oder einfach nur mehr Praxis braucht.

Für DolmetscherInnen, die noch keine Struktur umsetzen

Wenn ihr es noch nicht schafft, in der Praxis strukturiert zu notieren, braucht ihr fürs Üben eine Rede mit wenigen Informationen und ohne zusätzliche Schwierigkeiten. Im Internet ist sowas eher nicht zu finden. Mein Rat: Bittet jemanden, euch etwas zu erzählen. Zum Beispiel vom letzten Einkauf. Oder vom letzten Wochenende.

Das hat noch einen zusätzlichen Vorteil: Solche freien Erzählungen haben meist wenig vorgegebene Struktur. Man verheddert sich häufig, fängt Sätze neu an, fügt später noch etwas hinzu, das eigentlich schon vorher hätte gesagt werden sollen. Die perfekte Gelegenheit für euch, ganz viel zu analysieren und genau zu überlegen, welche Struktur ihr dem Gesagten gebt und wo ihr eure Notizen auf dem Block platziert.

Für alle DolmetscherInnen, die bereits eine Struktur umsetzen und Übung brauchen

Vielleicht gehört ihr auch zu denjenigen, die ihre Notizen im Normalfall gut strukturieren. Dann vernachlässigt ihr die Struktur vielleicht erst, wenn der Druck höher wird, ihr etwas hinterherhinkt oder müde seid. Da ist einfach Üben, Üben, Üben angesagt, damit das Strukturieren auch automatisch abläuft, wenn die Umstände schlechter werden.

A) Speech Repository der EU

Diese Quelle kennt ihr garantiert. Ich nenne sie trotzdem an erster Stelle, weil es einfach die Beste ist. Der große Vorteil ist, dass ihr ganz genau steuern könnt, wie viele und welche Schwierigkeiten ihr einbaut.

Was stresst euch beim Notieren am meisten? Die C-Sprache, die ihr einfach nicht so gut beherrscht? Fiese Fachbegriffe, bei denen ihr schon beim Hören merkt, dass ihr sie werdet umschreiben müssen? Geschwindigkeit? Auf der Webseite des Speech Repository könnt ihr Reden nach Kriterien wie dem Schwierigkeitsgrad und dem Fachgebiet filtern. Überlegt euch, wo eure Schwächen liegen und nehmt euch dann EINE davon vor. Wichtig: Überfordert euch nicht. Ihr sollt schließlich noch genug Kapazitäten frei haben, um euch beim Notieren Gedanken um eure Struktur machen zu können.

B) Podcasts

Podcasts erfüllen hier im Grunde den gleichen Zweck wie das „Geschichtenerzählen“ für Anfänger. Sie eignen sich gut, wenn ihr ganz besonders das Filtern üben möchtet. Wichtig ist das für all diejenigen, die dazu neigen, Worte in der Reihenfolge zu notieren, wie sie sie hören. Die Gespräche (oder Monologe) zwingen euch regelrecht, abzuwarten und nur das zu notieren, was sein muss. Beginnt mit einem Thema, das ihr gut kennt und das euch interessiert. Wenn ihr üben möchtet, unter Druck zu notieren, könnt ihr euch ein anderes (Fach-)Thema suchen, das euch herausfordert.

Der Einschlafen-Podcast von Tobi Baier eignet sich gut, um die Struktur der Notizentechnik zu üben.
Foto: Screenshot Spotify

Viele kommen mit dem Einschlafen-Podcast von Tobi Baier gut zurecht. Seine Vorteile: Tobi Baier spricht langsam und ruhig. Er lässt seinen Gedanken freien Lauf – das bedeutet, dass es viel zu Filtern gibt. Es gibt trotzdem einen (oder mehrere) rote Fäden. Die zu erkennen und zu strukturieren ist eine ideale Übung für uns DolmetscherInnen.

Auch beim Podcast der Techniker Krankenkasse wird natürlich gesprochen. Ihr könnt euch vorab überlegen, ob ihr die Fragen oder Kommentare des Gesprächspartners einfach auslasst oder mitnotiert.

Und Youtube, die Tagesschau usw.?

Youtube kann funktionieren, wenn die Rede die Kriterien erfüllt: natürliche, gesprochene Sprache, nicht zu dicht. Es ist aber meist eher mühselig, sich erstmal auf die Suche zu begeben. Viele Reden von Politikern, Vorträge usw. sind „gesprochene Schriftsprache“ und damit nicht geeignet.

Tagesschau und andere Nachrichten sorgen nur für Frust. Es handelt sich um abgelesene, vorgeschriebene Texte, im Prinzip also um Schriftsprache. Wenn ihr die Notizentechnik üben und eure Struktur verbessern möchtet, hilft euch das nicht weiter.